Ritter besiegt laktoseintoleranten Drachen

Sechs Wortkünstler überboten sich am Donnerstag beim ersten Poetry-Slam in der Rhybadi Schaffhausen mit ihren assoziativen Spielereien. Der Klamauk streifte bisweilen den Ernst, und das Publikum fühlte sich bestens unterhalten. Ein Eventbericht von Hermann-Luc Hardmeier.

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Foto: Der Moderator heizt das Publikum auf dem schwimmenden Floss ein. (Bild: Hermann-Luc Hardmeier, Bericht: Hermann-Luc Hardmeier)

«Wow!» So enthusiastisch begrüsste der Moderator die Gäste in der Rhybadi. Am Donnerstagabend bildete ein kleines Floss mitsamt Sofa, Mikrofon und Stehlampe die Bühne für sechs Slampoeten aus der ganzen Deutschschweiz. Die Gäste waren zahlreich, die Temperaturen perfekt.

Nachdem Lillemor Kausch als Opferlamm die Jury und das Publikum mit einer bizarren Story über eine Hochzeit im konservativen Appenzellerland eingestimmt hatte, trug der Zürcher Gregor Stäheli seinen ersten Text vor. Es war eine gekonnte Parodie auf alle Kinder, die von ihren Eltern zu stark behütet sind, und endete damit, wie er sich von seinem Jugendidol Meister Proper emanzipierte, mit Schleifpapier zwischen den Beinen einen Marathon lief und auf einer Giraffe in den Sonnenuntergang ritt. Darauf folgte Remo Zumstein aus Bern. Er hatte Reime und Wortspiele zum Thema Vaterschaftsurlaub im Gepäck. Er forderte mehr Anerkennung für Väter, denn auch er könne «görpsen» und Bauklötze mit seinen Fingerchen halten.

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Die Grenzen der Lachmuskeln

Nach diesen zwei extrem humorvollen Texten zeigte Sarah Altenaichinger, dass es auch ernsthaft ging. «Der Tag dehnt sich endlos wie Lakritze» und «Der Sommer stöhnt wie ein Tier unter der Hitze» sind nur zwei Leckerbissen ihrer poetischen Reise durch den heissesten Monat des Jahres. Pierre Lippuner aus St. Gallen liess die Besucher abstimmen, ob sie einen Text auf St. Galler Mundart, ein ernstes Thema oder einen «Extrem-Daneben»-Slam hören wollten. Natürlich entschieden sich die Zuhörer für die dritte Version und durften einen bitterbösen Brief an eine Exfreundin in voller Länge geniessen. Remo Rickenbacher aus Thun brachte die Lachmuskeln an ihre Grenzen, als er erzählte, wie er sich gegen Cybermobbing wehrte. Ein Video von seinem Absturz an einer WG-Party liess er verbal rückwärtslaufen und demonstrierte, wie schön er den Kühlschrank und den Teppich reinigte und – abgesehen von ein paar misslungenen Tanzschritten – sogar eine fremde Frau, ohne eine Ohrfeige einzufangen, küssen durfte. Rhea Seleger aus Zürich schliesslich zeigte in ihrer Niederschrift auf, dass man bei den Eltern vieles als selbstverständlich erachtet, was keinesfalls selbstverständlich ist.Eine zufällig ausgewählte Publikumsjury bewertete jeden Auftritt mit Noten. Vier Kandidaten schafften es ins Halbfinale. Im Finale landeten Gregor Stäheli und Remo Rickenbacher. Der Zürcher schlug mit seinem Rittertext über den furchtsamen Frederick, der mit einer Milchschnitte den laktoseintoleranten Drachen besiegte, den kreativen Mitmach-Text des Thuners. Verdient wurde Gregor Stäheli auf dem Floss zum ersten Sieger des Rhybadi-Slams gekürt. Doch der wahre Gewinner beim Poetry-Slam ist wie immer das geniessende Publikum.

Von Hermann-Luc Hardmeier. Erschienen in der Zeitung „Schaffhauser Nachrichten“ am 23. Juni 2018.